Einunddreißigster Einwurf des Ziegelbrenners

Liebe Freundinnen und Freunde des gedruckten Buches, 

vom 10.-12. Mai findet in Mannheim die 5. Anarchistische Buchmesse statt (siehe www.buchmessemannheim.blogsport.eu/). Auch Der Ziegelbrenner wird mit einem Stand anwesend sein. 

Sowohl mit den Sortimenten der ausstellenden Verlage wie auch in etlichen begleitenden Veranstaltungen (Lesungen & Diskussionen) werden unterschiedliche antiautoritäre, libertäre und anarchistische Richtungen vorgestellt.

Wie immer ist die Buchmesse barrierefrei zu erreichen. Der Eintritt ist natürlich frei. Wir freuen uns über zahlreichen Besuch!

Ohnehin ist es von zunehmender Bedeutung, solche regionalen, nicht-kommerziellen Buchmessen zu planen bzw. sie zu besuchen. Dazu trägt schon die Marktentwicklung bei – es gibt immer weniger Buchläden, die noch kleine linke/ alternative Verlag im Sortiment haben, so dass hier eine Versorgungslücke entsteht, die auch Amazon nicht abdeckt – hier wird nur gefunden (und gekauft), was gezielt gesucht wird. Gute Geschäfte macht Amazon übrigens weiterhin mit Nazi-Literatur, zumal diese Tatsache offenbar weniger den Ruf des Konzerns bedroht als etwa der Verkauf pornographischer Literatur, wie Thomas Schmoll in einem Artikel für die „Welt“ – ansonsten nicht gerade meine Lieblingszeitung – am 16.4. dokumentierte. 

Die Post macht Büchersendungen 2019 erneut massiv teurer (bis zu 60%, nachdem es erst im letzten Jahr massive Preiserhöhungen gab). Zugleich wird das Angebot deutlich unattraktiver. Ab 5 cm Höhe – bisher: 15 cm -, d.h. bei einem dickeren gebundenen Buch oder zwei Taschenbüchern ist künftig kein Versand mehr als Büchersendung möglich, der Versand als Großbrief oder Päckchen wird dann um knapp 3 Euro bis 3,80 liegen – derzeit sind es je nach Gewicht 1,20 bzw. 1,70 Euro. So werden kleine Verlage wie auch kleinere Buchversender/ Antiquariate gegenüber Amazon (Sonderdeals mit der Post) nochmals stärker mit Wettbewerbsnachteilen belegt. Der Buchversandhandel wird damit weiter monopolisiert. Die vormalige Bundespost, seit 1995 privatisiert und seit 2000 DAX-Unternehmen, trägt damit schrittweise eine vielfältige, unabhängige Buchkultur zu Grabe. Wir erinnern uns: der preisreduzierte Büchersendungs-Tarif wurde eingeführt, um die Verbreitung des Kulturgutes Buch zu fördern. Kulturpolitischen Sonntagsreden zum Trotz ist von einer solchen Förderung nun nichts mehr zu sehen. Zu hoffen ist, dass neben den Verlagen möglichst viele Buchkäufer/innen phantasievoll und energisch gegen diese Post-Pläne protestieren, die die Substanz eines ganzen Mediums existentiell bedrohen. 

Theoretisch würden angesichts der steigenden Versandkosten – wenn mensch nicht bei Amazon kaufen möchte – nun wieder die Buchläden zunehmende Attraktivität erlangen. Allerdings ist in der Buchhandelsbranche eine weitere Zunahme an Fusionen zu beobachten, die Entwicklung geht zu immer größeren Buchhandelsketten (zuletzt: Thalia & Mayersche), was nicht zuletzt mit der Konkurrenzfähigkeit gegenüber Amazon begründet wird. So oder so steht es also schlecht um die Buchkultur, zumal gerade die Angebote kleiner Verlage in diesen Ketten kaum zu finden sind. Wie gesagt: gute Gründe, um Buchmessen zu veranstalten und zu besuchen. Wenngleich die Buchmessen-Kultur eine zweischneidige Sache ist. So gilt es als chic, sich in Leipzig sehen zu lassen, gekauft werden teure Tickets – aber es wird über die Buchpreise gestöhnt. Umso erfreulicher, dass in Mannheim der Eintritt frei ist. Nicht nur, weil dann etwas mehr Etat für den Buchkauf übrigbleibt. 

Noch gibt es sie, die guten Buchläden. Mit dem nächsten Einwurf möchte ich gerne ein paar Buchladen-Tipps nennen, was ja schon beinahe Tradition hat in den Einwürfen. Was ist Eure Lieblingsbuchhandlung? 

Weiter verschärft wird europaweit – so auch in der BRD – derzeit die Flüchtlingspolitik. Dem Ziegelbrenner ist ein umfassendes Sortiment ausgewählter Medien zum Thema Migration & Flucht wichtig (www.ziegelbrenner.com/produkt-kategorie/buecher/migration-asyl/).In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine wirklich empfehlenswerte Arte-Serie zum Thema hinweisen. „Eden“ ist abrufbar unter www.arte.tv/de/videos/RC-014252/eden/. „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“ – die weltbekannte Geschichte der „Bremer Stadtmusikanten“ erschien erstmals 1819, vor 200 Jahren also. Abgesehen davon, dass die Stadtmusikanten nie in Bremen ankamen (im Verlauf der Fluchtwege ändern sich die Ziele eben manchmal) – die Geschichte ist eine gute Parabel zur Migrationsgeschichte, über die Sehnsucht und Legitimität, sich ein besseres Leben zu suchen. Aktueller könnte die Geschichte kaum sein, angesichts der gegenwärtigen, menschenverachtenden Abschottungs- und Rückweisungspolitik des europäischen Migrationsregimes. 

„Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“ – der Revolutionär Ret Marut (und spätere Bestseller-Autor B. Traven) beschrieb, autobiographisch inspiriert, das Leben ohne Pässe und die Überfahrt nach Amerika in einem „Totenschiff“, um dem drohenden Tod in Europa zu entfliehen. Seine Romane sind vor dem Hintergrund des europäischen Migrationsregimes, der Mauerbau-Pläne von US-Präsident Trump wie auch der weiter schwierigen Lebenslagen indigener Bevölkerungen nicht nur in Lateinamerika höchst aktuell. Umso erfreulicher, dass unlängst letztlich doch überraschend viele Medien an den 50. Todestag Travens (am 26.4.) erinnerten. Die Tochter Travens ist noch einige Tage in Deutschland, mit ihr finden noch einige Veranstaltungen statt (bt50.de/). 

Es ist hinsichtlich gesellschaftlicher Stimmungen ein erschreckendes Signal, wenn für eine Kirche innerhalb weniger Stunden über 800 Millionen Euro an Spenden gesammelt werden, für eine Seerettungsinitiative wie Sea-Watch in einem ganzen Jahr dagegen gerade mal gut eine Million. Immerhin, auch einige Promis fanden Spenden-Galas zum Wiederaufbau von Notre-Dame vor dem Hintergrund wirklich drängenderer gesellschaftlicher Probleme pervers und sagten ihre Teilnahme ab. Wer sich über Sea-Watch informieren und die Organisation unterstützen möchte: sea-watch.org/

Bis zum nächsten Einwurf (oder am Messe-Stand in Mannheim) 

grüßt

Der Ziegelbrenner 

www.ziegelbrenner.com
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