Neunter Einwurf des Ziegelbrenners

Zurück auf Start: der Handel mit Büchern

Meine Entscheidung, nochmals mit einer eigenen Ziegelbrenner-Homepage an den Start zu gehen, hat verschiedentlich für Irritationen gesorgt, da das Ziegelbrenner-Projekt doch als Ausverkaufsprojekt des Anares-Bestandes gestartet ist. Ich will deshalb an dieser Stelle mal die Hintergründe dieses Schrittes erläutern.

Die Monopolisierung des Buchmarktes schreitet voran: das „Zentrale Verzeichnis antiquarischer Bücher“ (ZVAB), schon länger zu Amazon gehörend, wird ab Oktober gänzlich auf die technische Plattform der Amazon-Tochter Abebooks umgestellt – eine folgenreiche Entscheidung, sind Handling, Übersichtlichkeit etc. des ZVAB doch bisher unerreicht. Diese Entscheidung bedeutet somit einen Rückschritt, den besonders die Anbieter zu spüren bekommen. Beispiele? Die Notwendigkeit, jede Bestellung nun explizit online nochmals vom Anbieter bestätigen zu müssen; willkürliche und bindende pauschale Versandkosten-Einstellungen (wodurch ich bei manchen schwereren Titeln nicht mal die Portokosten wieder hereinbekomme); der Wegfall des provisionsfreien Verkaufs bei Kollegen-Bestellungen; intransparente Abrechnungen; Zwang zur Kreditkartenakzeptanz; Wegfall der direkten Paypal-Anbindung.

Fazit: der Aufwand für die Bestellabwicklung steigt deutlich an, bei zugleich ständig sinkenden Verkaufspreisen in den allermeisten Marktsegmenten. Das ist nicht nur lästig, sondern auch ökonomisch existenzgefährdend. Für mich ist diese sehr ärgerliche Entwicklung jedenfalls ein entscheidender Grund, um doch nochmals mit einer eigenen Ziegelbrenner-Homepage ins Netz zu gehen.

Amazon kann sich solche unpopulären Aktionen leisten, schließlich dürfte der Amazon-Anteil beim antiquarischen Internet-Geschäft bei rund 90% liegen – ohne dass sich jemals ein Kartellamt ernsthaft dafür interessiert hätte. Amazon hat 2014 erstmals in der BRD über 10 Milliarden Euro Umsatz gemacht (wie hoch der Anteil von Büchern ist, ist allerdings offen). Eine wirkliche Alternative zu Amazon fehlt bislang.

Doch der Buchhandel ist in Bewegung, die großen Ketten reduzieren ihre Flächen, es gibt wieder Buchladen-Neugründungen. Kulturstaatsministerin Grütters verriet unlängst, dass sie noch nie ein Buch im Netz oder in einem der großen Buchkaufhäuser erworben habe. Freilich, das Internet kann gerade z.B. bei der Suche nach Fachbüchern sehr hilfreich sein – man braucht nicht gleich zum „analog native“ zu werden, es ist eben auch die Frage, wie diese Medien genutzt werden und wo letztlich gekauft wird.

Der Exodus der Antiquariate läuft längst, und durch die ZVAB-Entscheidung hat er sich verschärft. Kollegen sprechen vom „Antiquariats-GAU“. Angesichts der Entwicklungen in den letzten 2 Jahren erweist sich die im Herbst 2013 getroffene Entscheidung, das Projekt Anares unwiderruflich für beendet zu erklären, weiterhin als der richtige Schritt. Die übrig gebliebenen Antiquariate überlegen derzeit verstärkt, sich wieder stärker regional zu verankern, an Büchermessen teilzunehmen. Auch gedruckte Antiquariatskataloge gibt es wieder vermehrt. Sichtbar ist eine zunehmende Aktivität jenseits des Internet – das ist konsequent, denn der Niedergang des antiquarischen Online-Marktes ist wohl nicht mehr aufzuhalten. „Back to the roots“ ist jedoch nur für vergleichsweise wenige Anbieter der Rettungsanker, denn durch das Internet hat der Buchhandel sich stark ausdifferenziert.

Ein bloßes Zurückrudern ist daher keineswegs ein Allheilmittel. Doch wo kann man seine Bücher außerhalb der eigenen Homepage noch anbieten, und welche Plattform außerhalb des Amazon-Universums hat überhaupt einen hinreichenden Bekanntheitsgrad? Auf den kleineren Plattformen bin ich jedenfalls nicht mehr präsent, weil es vom Bestellaufkommen her schlicht nicht mehr lohnte.

„Der Handel mit antiquarischen Büchern gehört trotz Internet in die Hände der Antiquare“, so die von einer Genossenschaft getragene Plattform antiquariat.de, die immerhin einen möglichen Ausweg aus der Amazon-Abhängigkeit bieten könnte, wenn dort die nun entstehenden Chancen genutzt würden. Auch andere Weichen werden derzeit falsch gestellt: die uneingeschränkte Digitalisierung des Buchbestandes von Bibliotheken, damit sich NutzerInnen die Inhalte auf USB-Sticks kopieren können, dürfte angesichts ohnehin oft finanziell prekär ausgestatteter Verlage dazu führen dass in der Zukunft viele Bücher nicht mehr produziert werden – dann gibt es auch nichts mehr zu kopieren. Als erstes werden die kleineren Verlage ihre Produktion ausdünnen oder ganz aufgeben – gerade sie aber beleben die Literaturlandschaft ungemein.

Ja, es gibt sie noch, die guten Buchläden – z.B. in Bremen. Da wäre der Golden Shop (Fehrfeld 4), der spannende Titel zu Graffiti und ausgesuchte Graphic Novels bietet (und, noch so ein schönes Analog-Medium, auch Schallplatten!). Die Bücherstube von Bettina Wassmann (Am Wall 164) bietet eine Zeitreise – derartige Buchläden gibt es heute kaum mehr. Inhaltlich buchstäblich erlesen sortiert vor allem zur französischen und deutschen Geistes- und Kulturgeschichte. Buchläden sind eben die Tankstellen für Herz & Hirn. Es wird ein Kinderbuch gesucht? Der Kinder- und Jugendbuchladen Leseland (Vor dem Steintor 131) ist einer dieser engagierten Läden, die sich vermutlich nur dank viel Herzblut halten. Fein ausgewählte Kinderbücher gibt es im übrigen auch in Leipzig: der Kinderbuchladen Serifee (Karl-Liebknecht-Str. 36) hat seinen Namen nach einem hübschen typographischen Kinderbuch. Nomen est omen: ein feines, ausgewähltes Buchsortiment gibt’s hier. Wer da noch bei Amazon bestellt, gehört geohrfeigt. Mindestens. Und was ist eure Lieblingsbuchhandlung?

Neues zu berichten gibt es zu zwei Stichworten aus den letzten Einwürfen: nach dem Tod von Karin und Bernd Kramer innerhalb eines Jahres – sie betrieben den anarchistischen Karin Kramer Verlag – hat sich nun ein „Freundeskreis Bernd und Karin Kramer Verlag“ gegründet, der auch das literarische „Erbe“ des Verlages sinnvoll nutzen will (Kontakt: jochen-knoblauch@web.de). Und der Ältestenrat des Münchner Stadtrats hat einstimmig beschlossen, den von den Nazis zerstörten, an Gustav Landauer erinnernden Gedenkstein auf dem Waldfriedhof in München wieder aufzustellen (weitere Infos: http://www.edition-av.de/info/gedenkstein.html).

Es grüßt Der Ziegelbrenner (ehem. Anares)

PS: wer mag kann die Ziegelbrenner-Seite liken unter www.facebook.com/ziegelbrenner