Der Ziegelbrenner
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Treiber hat rund 4000 Akten gesichtet, 1000 Desertionsfälle ausgewertet und die Motive der Fahnenflüchtigen untersucht. Ein im engeren Sinn politisches Motiv sieht er nur bei einem Prozent der Deserteure (während aus durchsichtigen Gründen in Westdeutschland den NVA-Deserteuren aus der DDR per se eine politische Motivation zugeschrieben wurde). Das ist wenig überzeugend, denn einerseits ist auch ein „passives“ Entziehen in einem totalitären System ein politischer Widerstandsakt; und mit der Äußerung politischer Motive hätte man sich in der Wehrmachtsjustiz – und einzig auf diese offiziellen Dikumente bezieht Treiber sich – die letzten Chancen auf ein Überleben verspielt. Denn entgegen der Vorstellungen zum Nationalsozialismus wurde Desertion, entgegen Hitlers „Führererlass“ („an der Front kann man sterben, als Deserteur muss man sterben“) keineswegs immer mit dem Tod bestraft, es gab durchaus Richter, die Handlungsspielräume nutzten (im Fall einer Verurteilung zum Tode gab es allerdings keine zweite Instanz). Treiber will ein differenziertes Bild der Wehrmachtsdesertion zeichnen. Die Dissertation wurden von der Axel-Springer-Stiftung gefördert. Treibers Haltung – er war selbst Soldat – ist ambivalent. Dabei droht mit diesem Buch eine Fortschreibung der bis um das Jahr 2000 vorherrschenden Sichtweise, dass die Urteile im Nationalsozialismus vergleichsweise milde und angemessen waren, eine Legende, die nach 1945 wirkende NS-Richter wie Erich Schwinge aktiv strickten. Dies wiederum führte dazu, dass sich bis in die 1990er Jahre die meisten Deserteure aus Angst vor gesellschaftlicher Ächtung nicht öffentlich äußerten (Ausnahmen waren Heinrich Böll, Heinz Kluncker und der Schauspieler Hardy Krüger).
Mängelex.-Stempel auf Buchschnitt, sonst sehr guter Zustand, 343 S., Pappband, geb.
Krieg und Konflikt Band 13
Treiber Stefan Kurt
Frankfurt
2021
Campus Verlag