Kietzmann Björn

Kein Baum ist egal – Ein Bildband über die Klimaschutzprotest am Dannenröder Wald

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Beschreibung

2019 gab es die ersten Besetzungen im Dannenröder Wald. Der Vogelsbergkreis, in dem das Waldstück liegt, er ist eine ländliche, recht dünn besiedelte Region, deren Bevölkerung seit Jahrzehnten stagniert, bestenfalls. Es ist vermutlich ironiefrei gemeint, wenn der Kreis auf seiner Homepage verkündet: „Der Vogelsberg ist eine offene Einladung. Ziel ist das Erreichen des Sehnsuchtsorts“. Von Landlust, attraktiver Idylle und nachhaltiger Natur ist auf der Startseite die Rede. Tatsächlich liegt der Waldanteil noch bei ansehnlichen rund 40%. Nun muss ein Stück Wald dem Autobahnprojekt der A 49 weichen, das auf Planungsprognosen der individualverkehrsfixierten 1970er Jahre zurück geht – wo doch inzwischen jeder Mensch weiß, dass mehr Straßen vor allem eines bedeuten: mehr Verkehr; denn das Angebot schafft die Nachfrage. Der verkehrspolitische Anachronismus dürfte den Besetzer*innen auch eine Menge Sympathien beschert haben aus Kreisen, die solchen Aktionsformen sonst eher distanziert gegenüberstehen. Das, was Klimastress inklusive Dürreperioden nicht schaffen an Waldvernichtung, das soll also ein unsinniges, überholtes Straßenbauvorhaben nun dahinraffen. Es war zusätzliches Wasser auf die Mühlen viele Demonstrierender, dass dieses Projekt vom hessischen „grünen“ Verkehrsminister Tarek al-Wazir forciert wurden. Generation Waldbesetzung gegen Generation Auto. Klimapolitisch jedenfalls gilt angesichts dahinschmelzender Klimaschutzziele: Kein Baum ist egal. Das gerade auch der Individualverkehr zunehmend in den Fokus von Klima-Aktivist*innen gerät, ist insofern folgerichtig. Hochaktuell ist das hier dokumentierte Engagement der Aktivist*innen im Übrigen auch vor dem Hintergrund des Coronavirus. Immerhin dürfte sich herumgesprochen haben, dass die seit etwa zwanzig Jahren zunehmende Häufung von Zoonosen – wie auch Covid-19 eine ist – ursächlich das Resultat von ökologischem Raubbau, Waldvernichtung und Klimawandel ist. „Klimaschutz ist kein Verbrechen“ ist auf dem Transparent eines Demonstrierenden zu lesen, und doch ist dies ein hilfloses Statement, prägen schließlich in erster Linie nicht ethische Grundsätze die Rechtsprechung, sondern ökonomische Interessen – nicht zuletzt der Autolobby – und politische Machtkalküle. Einige Fotografien zeigen denn auch, wie die Demonstrierenden dem staatlichen Gewaltapparat ausgeliefert sind, der Baumschützer*innen kriminalisiert und auch vor Verletzten nicht zurückschreckt. Es sind parteiergreifende Fotografien, wie sie in einen solchen Band gehören, doch die intensivsten Bilder sind jene von den Baumhäusern, von den kreativen Protesten, vom gemeinsamen Blockadenbau, der „Red Rebel-Performance“, vom Alltag im Wald, dem kollektiven Musizieren dort, wo demnächst lärmender Verkehr branden soll. Die Druckqualität der durchgehend farbigen Fotos ist dabei hervorragend. Vielleicht ist der vorliegende Bildband Kietzmanns persönlichste Veröffentlichung. Sie verdankt sich wohl auch dem Coronavirus, dass Recherchereisen in andere Regionen verunmöglichte und Fotoaufträge von Magazinen zurückgehen ließ. Man spürt die Sympathien, die der Fotograf hier seinem Gegenstand entgegenbringt. Björn Kietzmann ist durch diesen Band als Fotograf sichtbar geworden – und er ist zweifellos ein Fotograf, der das Zeug hat zum Klassiker unter den sozial engagierten Dokumentarfotograf*innen. Auch wenn das dokumentierte Anliegen in diesem Genre wichtiger ist als die Person dahinter, so lohnt es, sich diesen Namen zu merken. Nicht nur aufgrund der deutschen Waldverklärung, sondern wohl vor allem auch aufgrund der umwelt- wie gesundheitspolitischen Brisanz der Waldvernichtung aufgrund überkommener technologischer Groß- und wirtschaftlicher Prestigeprojekte (von Atomkraft über Flughäfen- und Autobahnbau bis zu Hafenerweiterungen, Hotelkomplexen und dem Bau von Luxuswohnanlagen zum Opfer fallenden Stadtwaldflächen) erfreut sich diese Aktionsform bis ins bürgerliche Spektrum weit mehr Sympathien als dies etwa die Hausbesetzungen vor ein paar Jahrzehnten taten. Die Bewegungsforschung hat das Thema bisher kaum entdeckt. So gesehen liegt mit diesem Bildband ein eindrucksvolles Dokument teilnehmender Beobachtung vor uns. Mittlerweile wurden die Besetzungen im Dannenröder Wald – im „Danni“, wie die Protagonist*innen dieses Waldstück liebevoll nannten – geräumt. „Aber die Bewegung dahinter ist unräumbar. Ihr werdet noch von uns hören“, so heißt es im Vorwort dieses Buches von einem Menschen aus der Besetzung. (Gerald Grüneklee)

Zusätzliche Information

Gewicht 600 g
Zustand

116 S., 17 x 24 cm, farbige Fotos, kart.

Autor

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2021

ISBN/ISSN-Nummer

978-3-9822912-1-5

Verlag