Zweig Stefan

Die Welt von gestern – Erinnerungen eines Europäers

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Beschreibung

Lesetipp von Konstantin Wecker („lest dieses Buch!“, auf „Radio Graswurzelrevolution“ innerhalb von „Münster Tube – Münster von unten“ im Oktober 2023). Wichtige autobiographische Aufzeichnungen des Autors, der in Wien aufwuchs (1881 geboren) und Ende des 19. Jahrhunderts sein Abitur machte. Mitreißend ist, wie der inzwischen 60jährige auf seine Jugend zurückblickt und den enormen Hunger und die Neugier beschreibt, mit der man sich voll & ganz dem Interesse an Kunst & Literatur verschrieben hatte. Zudem beschreibt Zweig die autoritäre Erziehung und die rigide Sexualmoral seiner Zeit. Da Zweig aus einem wohlhabenden bürgerlichen Haushalt kam, war er nach dem Abitur während des Studiums dann recht unabhängig und konnte sich so weiter vor allem seinen literarischen Interessen statt dem eigentlichen Studium widmen – „Gute Bücher ersetzen die beste Universität“ zitiert Zweig Ralph Waldo Emerson, was zugleich wohl sein eigenes Motto war. Zweig beschreibt das geistige Klima in Wien und später in Berlin (geprägt von Standesdünkel und Untertanengeist) sowie Paris (hier ging es erheblich ungezwungener zu, der Umgang war nicht von Konventionen belastet), er betrachtet sein Leben als Kampf um die größtmögliche innere Freiheit, verschreibt sich daher auch im ersten Weltkrieg und danach keiner der antimilitaristischen oder sozialistischen Bewegungen/ Parteien. Zweig versteht sich als Europäer, ihm geht es entsprechend um „europäisches Denken“, er kritisiert scharf das „Gift des Nationalismus“. Interessant sind die geschilderten Begegnungen mit vielen Schriftstellern und mit Theodor Herzl, dem Begründer des modernen Zionismus; einige der Freunde Zweigs, so der damals sehr populäre Romain Rolland, sind heute weithin vergessen. Insgesamt nennt Zweig in diesem Buch rund 300 Personen der Zeitgeschichte, mit denen er größtenteils selbst in – teils intensivem, freundschaftlichem – Kontakt stand. Darunter war auch Karl Haushofer, der als Geograph und Geopolitiker ein geistiger Vater des Nationalsozialismus war. Haushofer betrachtete Anfang der 1940er Jahre den Nationalsozialismus zunehmend skeptisch, er war dann auch im Umfeld der Offiziere des 20.Juli 1944. Fast humoristisch lesen sich die Schilderungen vom Taumel der Inflation, die Zweig wie ein langes, berauschendes, extravagantes Fest beschreibt – getragen freilich vom Hinterherlaufen, dem Druck, um jeden Preis auffallen zu wollen, wo man andererseits sich doch nach Normalität sehnte: Bewegend sind schließlich die Schilderungen des aufkommenden und sich dann durchsetzenden Nationalsozialismus, der Zweig (inzwischen berühmter Bestsellerautor) den geistigen wie ökonomischen Boden in Europa entzieht. Zweig war ein feiner, reflektierter Beobachter, seine sensiblen Beobachtungen machen das Buch geschichtlich, über das Biographische hinaus, zu einer aufschlussreichen Lektüre. Auch vor dem Hintergrund moderner Migrationsbewegungen liest sich das Buch verblüffend aktuell – so hebt der Kosmopolit (Weltbürger) Zweig zwar die Freiheit des Migranten, der nichts mehr zu verlieren hat, hervor – nahm sich jedoch Anfang 1942 in Brasilien, von Heimweh verzehrt, mit seiner Frau das Leben. (Gerald Grüneklee)

Zusätzliche Information

Gewicht 600 g
Zustand

sehr guter Zustand, 574 S., geb., m. OU

Auflage

(zuerst Stockholm 1944)

Autor

Erscheinungsort

Köln

Erscheinungsjahr

2013

ISBN/ISSN-Nummer

978-3-86647-899-2

Verlag